Heute darf ich als Gast bei mir Tanja Meurer begrüssen. Ein neuer Stern am Autorenhimmel, eine gnadenlos begabte Zeichnerin und sehr sympathische Frau.
herzlich willkommen auf meiner virtuellen Couch. Ich freue mich wahnsinnig,
Dich hier begrüßen zu dürfen. Nimm doch bitte Platz und fühl Dich
wie zu Hause.
Danke Dir :)
Danke Dir :)
Na,
dann wollen wir mal unsere Leser nicht warten lassen und fangen doch
direkt mal an.
Bin für alle Schandtaten bereit. Leg los :)
Bin für alle Schandtaten bereit. Leg los :)
Ich
habe Dein Buch „Glasseelen - Schattengrenzen 1“ gelesen und war völlig fasziniert
von Deinem Schreibstil und der Geschichte.
Wie kamst Du darauf, ausgerechnet ein Buch über den Untergrund Berlins zu schreiben?
Wie kamst Du darauf, ausgerechnet ein Buch über den Untergrund Berlins zu schreiben?
Glasseelen
war eigentlich eine Auftragsarbeit meiner ehemaligen Agentin.
Themenvorgabe: Berlin, Berliner Unterwelten und Museumsinsel.
Insgesamt hatte ich mindestens fünf Konzepte, wovon zwei sogar ganz
solide waren. Leider gingen sie zu sehr in Richtung Horror. Eine
andere Idee scheiterte daran, dass einer der Protagonisten Ägypter
war und eine weitere daran, dass der Protagonist schwul war (Oliver,
der in „Schattengrenzen 2“ Handlungsträger sein wird).
Hat
sich das Werk von Ernst T. A. Hoffmann im Laufe des Schreibens
ergeben oder war es von Anfang in Deinem Kopf verankert?
Nach
zwei Tagen Bücher wälzen und Internet durchforsten hatte ich immer
noch keine passende Idee für das Buch, die auch angenommen wurde.
Alle vorangegangenen Vorschläge hatte meine Agentin abgelehnt.
Irgendwie kam ich auf keinen grünen Zweig. Irgendwann bin ich noch
mal alle Buchregale durchgegangen. Mir fiel ein altes DDR-Buch in die
Hand: Der Berliner Bilderbogen. Geschichten um und aus dem alten
Berlin. Nach einer Weile bin ich an einer Geschichte um E.T.A.
Hoffmann hängen geblieben: Hoffman und das Blumenmädchen. Hoffmann
– das war es. Er lebte bis zu seinem Tod in Berlin, nah der
Museumsinsel, war ein nicht ganz so netter Zeitgenosse und eine sehr
vielschichtige Person. So wurden er und eine seiner Geschichten
Ausgangspunkt der Planung. N ur welche sollte ich nehmen? Da ich
seine Novellen seit meiner Kindheit kenne und liebe, habe ich mir
meinen Favoriten – Der Sandmann - ausgesucht. So wurde das Buch zu
einer What-if-Story.
Du
sprichst in Deinem Buch eher heranwachsende junge Menschen an. Gibt
es dafür einen bestimmten Grund oder möchtest Du Dich eher auf
diese Leserschaft konzentrieren?
Eigentlich
wollte ich das ganz und gar nicht. Camilla war zu Anfang 19. Sie
sollte Auto fahren können und nicht mehr am Rockzipfel ihrer Familie
hängen. Damit hätte ich weitaus mehr Freiheiten gehabt, einfach
weil ich ihre Eltern nicht mit einplanen musste. Daraus wurde
zunächst nichts. Um das Buch unter All Age herausbringen zu können,
wurde Camilla immer jünger. Irgendwann war sie 16. Ein echt
scheußliches Alter, in dem man nicht Fisch und nicht Fleisch ist.
Man hat die Eltern teils satt, andererseits ist man von ihnen
abhängig. Deswegen musste ich den starken Bezug zu ihrer Familie
auch einbauen. Als Bookshouse das Buch nahm, erlebte „Cammy“ eine
Rückentwicklung. Sie dürfte – nein musste – wieder älter
werden. Du hast keine Ahnung, wie glücklich ich darüber war.
Allerdings waren da noch ihre Eltern … mit dem Problem bin ich so
verfahren, dass ich sie immer eigensinnig werden ließ und ihre
Eltern irgendwann nur noch bedingt bedeutend für sie sind. Die
Zuneigung zu ihrem Vater kühl erheblich ab, während zu ihrer
Mutter, mit der sie ein eher neutrales, bis unterkühltes Verhältnis
hatte, eine enge, auf Vertrauen basierende Freundschaft entsteht. Im
Verlauf der Romane werden Camilla, Christoph, Oliver, seine Brüder,
Jamal (der Ägypter ;)) und Daniel älter. Die Charaktere und
Handlungsstränge überschneiden sich ohnehin, da Camilla und Oliver
miteinander verwandt sind. Ab dem dritten Buch arbeiten die Personen
ohnehin fest miteinander.
Wenn
Dein Buch verfilmt werden würde und Du die Möglichkeit hättest die
Schauspieler für die einzelnen Protagonisten auszuwählen, wen
würdest Du aussuchen?
Oh,
böse Frage … da müsste ich ehrlich gesagt diverse
Underground-Schauspieler durchgehen. Bei Camilla gibt es ja eine
lebende Vorlage, aber da ich die junge Dame nur von Messen kenne (sie
ist unheimlich lieb) und ich weiß, dass sie Leihenschauspielerin
ist, würde ich natürlich sie wählen. Bei Christoph würde mir nur
Jens Veit einfallen, aber der hat nur einen Film gemacht (Oi!Warning,
1999). Heute ist Jens – so weit ich weiß – wieder Bauwagenpunk
und lebt sein Leben ohne Medientrubel. Für Bernd Weißhaupt stand
mein ehemaliger Teamleiter Pate, auch ein Bernd :) Was Grimm und
Habicht betrifft, so existieren beide nur in gezeichneter Form. In
vielen Fällen würden Schauspieler nicht der Person entsprechen, die
ich mir vorstelle.
Du
bist, wie man weiß, auch eine fantastische Zeichnerin. Du arbeitest
mit vielen Verlagen zusammen und gibst vielen Büchern Deinen Touch.
Dahinter steckt viel Arbeit und es sind auch verschiedene Genres, auf
die Du Dich einlässt.
Ist Dir das nicht zu belastend, neben Deinem Beruf und der Arbeit als Autorin?
Ist Dir das nicht zu belastend, neben Deinem Beruf und der Arbeit als Autorin?
Als
Illustrator arbeite ich offiziell seit 2006, zusammen mit meiner
Partnerin Juliane Seidel für Fanprojekte, Clubs und in eigenen
Projekten sogar schon seit 2002. Durch die Messeauftritte bis 2011
war es auch oft stressig, aber es ging eigentlich immer. Letztlich
kommt der Erfolg nicht vom Hände in den Schoß legen. In einigen
Punkten ist wohl auch mein Ego dafür verantwortlich, denn ich musste
meiner Familie etwas beweisen. Meine Mutter war zu Lebzeiten eine
talentierte Künstlerin, hat aber nichts daraus gemacht.
Infolgedessen hat jeder meine Sturheit und mein Durchsetzungsvermögen
angezweifelt. Ich bin nicht gut genug, um in der Profiliga
mitzuschwimmen, aber ich werde beauftragt. Das ist schon vorzeigbar.
Langsam stellt sich damit auch die Anerkennung meiner Familie ein :)
Was
zeichnet Dich aus?
Extreme
Sturheit. Ich habe einen irren Betonschädel – was ich von meiner
Familie habe. Wahrscheinlich auch ein gnadenloses Übermaß an Ideen.
Neben dem Schreiben und Zeichnen leite ich auch noch
Rollenspielrunden, für die ich mir viel einfallen lassen muss. Was
wohl auch zutrifft, ein gutes Gedächtnis (bildliches Gedächtnis).
Was ich einmal gesehen/ gelesen und verstanden habe, vergesse ich
selten wieder. Mein „Mutter Teresa-Tick“, wie sich mein
ehemaliger Projektmanager ausdrückte ;) Ich bin unkonventionell,
optisch ein Freak – klar, ein Punk. Im Gegensatz dazu steht mein
fast hysterisches Ordnungsbewusstsein (ansonsten finde ich nie
wieder, was ich suche … leidvolle Erfahrungen sprechen für sich).
Und ich liebe Kaffee, Käse, Eis, Pizza, Kriminalistik,
Kriminalgeschichte und Filme. Auch darin bin ich ein Freak. Aber da
kämen noch so viele Sachen hinzu … das wäre zu viel ;D
Hattest
Du je den Gedanken eine andere Richtung einzuschlagen?
Beruflich?
Oft. Ich bin gelernte Bauzeichnerin aus dem Hochbau, war schon
Kurier- und LKW-Fahrerin, habe auf dem Bau als Sekretärin gearbeitet
und bin jetzt Sachbearbeiterin. Werden wollte ich allerdings immer
Polizistin (Kripo), aber dafür war ich damals zu klein. Wenn Du auf
die Schreiberei und das Zeichnen anspielst, so mache ich genau das,
in dem ich mich wohl fühle: Horror, Mystery, Thriller, Steampunk/
Steamfantasy, Fantasy. Was ich nicht könnte: romantische
Frauenromane zu schreiben. Dafür fehlt mir das Talent.
Wenn
Du einen Tag lang ein anderer Mensch sein dürftest, wer würdest Du
gern sein wollen?
Einer
ohne Sorgen :) Scherz beiseite, bis auf die paar Problemchen,
die ich habe, komme ich mit meinem Leben ganz gut klar. Ich fühle
mich wohl. Als Freak werde ich auch so behandelt, soll heißen, es
passiert nichts, womit ich nicht rechne. Ich brauche also keine Maske
und kann sein, wer ich bin. Wer mich kennt, akzeptiert mich so, wer
daran Anstoß nimmt, sollte vielleicht offener werden, aber im Grund
genommen ist es mir egal. Jeder soll sein, wie er will. Deswegen bin
ich ganz zufrieden mit der Person Tanja – eben weil ich frei bin
und keine Skrupel oder Zweifel haben muss. Ich weiß, wer ich bin,
was ich leisten kann, welche Fehler ich mache und was okay ist. Das
reicht mir eigentlich :)
Welches
Buch hat es Deiner Meinung verdient ein Bestseller zu sein?
Da
gibt es verdammt viele, besonders von unbekannteren Autoren,
Underground-Literatur, bestimmte Genre der Belletristik. Bei einigen
Buchinhalten begreife ich den Hype nicht, aber das verstehe ich auch
in Bezug auf Filen bei den Blockbustern nicht. In meinen Augen haben
Bücher, die Tiefer gehen und deren Inhalt zu einem Teil Deines
Denkapparats werden, weil sie sich für Wochen nicht daraus
vertreiben lassen, das Potential dazu. Aber das sind nicht die, die
Massen begeistern und nicht mainstreamig sind. Klaus N. Fricks (Peter
Pank) Bücher liebe ich, genauso Oliver Plaschkas (Die Magier von
Montparnasse), Maria Antonia Oliver (Monsüchtig), etc. Allerdings
lese ich auch viele Klassiker und Undergruound-Romane, Sachbücher
und schwule Literatur. Ich bin darin sicher nicht der ideale Maßstab.
Gibt
es ein Buch, das Du gerne selbst geschrieben hättest?
Lynn
Flewellings „Nightrunner“-Reihe … Warum? Ganz einfach, weil in
der High-Fantasy-Reihe bösartige Parallelen zu meinem „Night’s
End“ verborgen liegen. Aber da Night’s End nie erschienen ist …
;) Schwule Fantasy kommt eben nicht gut an.
Was
ging in Dir vor, als Du die Zusage erhalten hast, dass Dein Buch
gedruckt und veröffentlicht wird?
Geschafft!
War einer der ersten Gedankengänge. Dann kam: das kann nicht wahr
sein. Schließlich bin ich wie eine Blöde durch meine Wohnung
gehüpft. Stillsitzen war nicht mehr drin. Irgendwann wurde ich auch
ruhiger, aber die Duracel in meinem … lief noch eine ganze Weile
nach :) Das war einer der tollsten Momente in meinem Leben.
Hast
Du schon Pläne für Deine Zukunft?
Ungefähr
die gleichen wie bisher: weiter machen und vielleicht meine anderen
Bücher aus den anderen Genres unterbringen. Ich bin Realist.
Arbeiten werde ich auch weiterhin hauptberuflich, denn Schreiben und
Zeichnen zahlen weder Miete noch Lebenshaltung. Das ist ja letztlich
nur ein Anfang. Ich gehe nicht davon aus, dass ich nur ein Buch
brauche, um bekannt zu werden. Das ist Unfug. Aber es gibt
Interessenten. So lang das so ist, bin ich guter Dinge.
Würdest
Du gerne etwas an Dir ändern wollen oder bist Du zufrieden, so wie
Du bist?
Wie
schon erwähnt: ist der Ruf erst mal ruiniert, lebt es sich recht
ungeniert. Ich bin generell so weit ziemlich zufrieden. Im Beruf
werden Leistungen bewertet, nicht das Aussehen. Meine Freunde
akzeptieren und respektieren mich so, wie ich bin. Ich genieße viel
vertrauen und das reicht, um glücklich zu sein. Mehr muss nicht.
Davon abgesehen verändert man sich im Lauf seines Lebens ohnehin
situationsgebunden. Von daher wird man nie auf einem Stand verharren.
Die Gelegenheit zum Ändern hat man immer.
Du
hast 3 Wünsche frei. Welche wären das?
Den
Riss in der Frontscheibe meines Wagen müsste nicht sein. Das wäre
schon mal einer.
Dann
hätte ich gern wieder Kontakt zu einem sehr lieben, alten Freund,
den ich zum letzten Mal 1995 gesehen habe. Er fehlt mir als Kumpel
unheimlich. Leider weiß ich nicht, ob er überhaupt noch lebt.
Wunsch
drei: keine Schulden bei der Bank zu haben. Nicht reich sein, einfach
nur immer zahlungsfähig.
So
und zum Abschluss noch eine Frage. Was werden wir in Zukunft noch
alles von Dir lesen? Hast Du schon bestimmte Dinge in Aussicht?
Die
nächsten Bände zu Schattengrenzen :) Allerdings mache ich auch
stur mit Steampunk und Steamfantasy/ Fantasy weiter.
Zum
Thema Steampunk sind die Geschichten über das victorianische
Ermittlerduo Anabelle und Madame Zaida teils bei Ulrich Burger,
Aethergarn und auf „Like a Dream“
veröffentlicht:
http://vee-jas.de/Like/waerme.htm
http://vee-jas.de/Like/leiche.htm
http://vee-jas.de/Like/leiche2.htm
http://www.amazon.de/Aethergarn-Die-Steampunk-Chroniken-ebook/dp/B00679FK2Q/ref=sr_1_5?s=books&ie=UTF8&qid=1357820345&sr=1-5
http://www.amazon.de/Ley-Lines-weitere-mystische-Momente/dp/3981284666/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1357820412&sr=1-1
Horror würde ich auch gern wieder schreiben und einiges ernsthaftere zur Punk-Szene.
Vielen
lieben Dank Tanja, dass Du mir Rede und Antwort gestanden hast. Es hat
mir riessig Spaß gemacht ein wenig von Dir zu erfahren.
Danke Dir :D
Danke Dir :D
Ich
möchte am Schluss noch etwas los werden. Ich bin ein großer Fan
Deiner Zeichnungen und ich kann nur jedem Leser dieses Interviews ans
Herz legen, sich die Webseiten von Tanja Meurer anzusehen. Es lohnt
sich definitiv.
Okay,
jetzt bin ich rot ;)
Ein sehr schönes Interview und so ...echt...falls ihr versteht was ich meine. Ich mag Oliver Plaschka auch =)
AntwortenLöschenGlasseelen habe ich mir auch schon besorgt und schlummert in meinem Kindle. =)
Liebe Grüße
Es ist auch so echt :) So bin ich. Live, 3D und in Farbe ... okay, teils auch in s/w :)
AntwortenLöschenWie viele Teile für Schattengrenzen sind denn geplant?
AntwortenLöschenBislang noch keine klare Anzahl an Einzelbänden, da Oliver und Camilla mit den Büchern auch älter werden. Ihre Freunde verändern sich, einige bleiben auf der Strecke, die Vorzeichen für beide ändern sich ebenfalls. Durch die Dinge, die auch im Umfeld von Camilla passieren, bzw. die Oliver in dem alten Haus und der Buchhandlung erlebt, laufen allerdings schon auf eine gemeinsame Spitze hinaus. Es existieren bereits schon drei fertige Bücher und drei angefangene, die ihren Fokus ein wenig weiter in das persönliche Umfeld der Protagonisten verlegen. Aber keine Angst, der Leser findet sich nicht bei Personen wieder, die er nicht schon eingehen im Vorfeld kennen gelernt hat.
AntwortenLöschen